Betreff: Fotografie und Alltag

Wie bei den meisten Fotografen brachte bei mir die Neugier den Stein ins Rollen. Zunächst auf die Möglichkeiten des Mediums der Fotografie, bald auch auf das Geschehen vor der Linse. Und so ist die Kamera immer dabei, wenn ich unterwegs bin. Dabei tauchen Fragen auf: “Was passiert gerade?”, “Welche Aussage steckt im Bild?” und “Welche Bedeutung kommt dem menschlichen Element zu?” Immer wieder werde ich so, wie auch in Gesprächen, die sich mit KollegInnen und Interessierten ergeben, auf den (dt.) Umgang mit Persönlichkeitsrechten gestoßen. Also die Rechte derjenigen Menschen, die nicht bewusst an einer Veranstaltung oder Demonstration teilnehmen und davon ausgehen müssen, dass ein öffentliches Interesse besteht. Die Veröffentlichung von Bildern ist dann legitim.

Anders verhält es sich bei Bildern, die im öffentlichen Raum entstehen. Denn dieser wird hochfrequent und egozentrisch als Bühne für das genutzt, was man als Selbstinszenierung und/oder -kuration bezeichnen könnte. Die Kamera ist Selfie-Maschine und Generator sozialer und emotionaler Nachrichten. Entsprechend rar sind Darstellungen des Alltags, in denen sich ästhetischer, erzählerischer und dokumentarischer Anspruch verbinden. Soziale Medien haben den Trend einer Separierung der genannten Aspekte noch verstärkt. Fast schon exklusiv scheint die Zugehörigkeit eines Bildes zu einer Kategorie.

Doch was tun, wenn man sich gerade für die Schnittstelle interessiert? Als Fotograf des Alltags habe ich in den vergangenen Jahren eine Distanz und Perspektive des Respekts entwickelt, die es mir ermöglicht, Aussagen zu treffen und Interessantes zu zeigen. Und das ohne individuelle Personen in den Mittelpunkt zu stellen oder die Situation mit der Frage nach Erlaubnis oder gar bewusstes Stellen eines Bildes zu manipulieren. Zugleich bleibt das Gefühl einer Unnahbarkeit, die mich wohl noch einige Zeit begleiten wird.

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Zeitz | 24